Bring Cash and Umbrellas!

"Excuse me, are you a local?"
Als ich diese Frage, gestellt von einer Britin in ihren Sechzigern hörte, wäre ich vor Freude am liebsten in lauten Jubel ausgebrochen, und hätte die Faust triumphierend in die Luft gestreckt. Ich liebe es nämlich, wenn ich im Ausland nicht für einen Touristen, sondern für einen Einheimischen gehalten werde. Und ich freute mich diesmal ganz besonders, weil ich auch nach zweiwöchigem Aufenthalt immer noch nicht ganz so mit dem Grossstadtleben zurechtkomme. 
Immerhin hatte ich gelernt, als Fussgänger beim weissen Licht (und nicht bei Grün!) über die Strasse zu gehen, und Distanzen auf klein aussehenden Karten nicht zu unterschätzen. (vier Häuserblocks können übrigens schnell mal 20 Minuten Fussmarsch bedeuten..) Darüber hinaus sollte man immer 2.75 Dollar in der Tasche haben, für eine allfällige Busfahrt. Oder die Visitenkarte mit der Telefonnummer des indischen Taxifahrers, der während der Fahrt Deutsch lernen möchte, und dabei über die europäische Asylpolitik die Hände ringt. Ja, allerhand interessante Leute gibt es hier zu treffen: Vom kriegsbegeisterten Koreaner, den es buchstäblich aus den Socken gehauen hatte, als ich ihm meine vegetarische Existenz eröffnet habe, dem Kassierer eines Supermarkts, der sich brennend für meinen Tag interessierte, der Brasilianerin, die noch nie von einem Land gehört hatte, das "Switzerland" heisst, oder der Gestalt unter dem blauen Schlafsack, mit einem Stück Karton daneben, auf dem stand: I'm saving up for Weed. 
Wenn wir schon beim Thema Geld sind: Etwas, was immer noch für Verwirrung sorgt, sind die Preise. Kanadier findens anscheinend doof, ihre Steuern in Preise zu integrieren, weshalb man an der Kasse immer eine böse Überraschung erlebt. Tja, wir befinden uns wohl nicht umsonst im Distrikt British Columbia, abgekürzt BC. Oder wie kanadische Insider sagen: Bring Cash. 
Aber zurück zu meiner freundlichen Britin: Natürlich habe ich diese Touristentipps nicht heruntergeleiert, sobald ich mit Antworten an der Reihe war. Ich musste ihr die Illusion, dass ich eine Kanadierin sei, mit meinem fehlerhaften Englisch leider nehmen. Weiterhelfen konnte ich ihr übrigens auch nicht. Trotzdem frage ich mich, weshalb sie mich wohl für eine Einheimische gehalten hatte? Vielleicht weil ich im strömenden Regen mit Wanderausrüstung und ohne Schirm durch die Wolkenkratzer- Innenstadt lief? Aber das ist eigentlich eine ganz andere Geschichte. 

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