Ein zu weites Feld!

Der Wagen fuhr so langsam rückwärts aus der Parklücke, dass mir Angst und Bange wurde. Wir standen jetzt halb auf einem Trottoir, und halb auf einer lebhaft befahrenen Strasse. Mein Beifahrer wandte sich langsam zu mir um.
"Schauen Sie mal rechts raus, kommt was?"
Die Frage kam mir ziemlich blöd vor, denn ich musste nicht mal zum Fenster rausschauen, um zu bemerken, dass sich ein rotes Auto im Eiltempo auf unser Heck zu bewegte. Dennoch sagte ich: "Ja, warten Sie, da kommt ein Auto!"
"Keins?", ohne sich auch nur einmal umzudrehen, setze er unseren Wagen im selben Schneckentempo wieder rückwärts in Bewegung, diesmal auf die offene Strasse hinaus. Am liebsten hätte ich mein Gesicht in den Händen vergraben, und gebetet, dass ich heil wieder aus diesem (zugegeben: schicken Wagen) aussteigen würde, als der Fahrer abrupt die Fahrtrichtung änderte, und nun in einem raketenähnlichen Start auf die Ampel zuraste, um dort gleich wieder auf dieselbe Art abzubremsen. Danach fuhren wir weiter in vergleichsweise schnellem Tempo durch die Innenstadt, während der Fahrer sagte: "Also wirklich, so viele schlechte Autofahrer. wissen Sie, Ich hatte nie Probleme beim Autofahren, ausser vielleicht in England- da ist ja auch alles umgekehrt." Ich nickte höflich, während ich innerlich in Gelächter ausbrach. Denn- und das ist der springende Punkt- ich sass gerade mit meinem Chef auf Zeit im Auto zu einem Auswärtstermin. Dass er das Alter meines Grossvaters besass, und überdies ein international bekanntes Auktionshaus leitete, sorgte schliesslich dafür, dass man einen gewissen Respekt beibehielt. Obwohl das einem manchmal etwas schwerer fällt. Dann nämlich, wenn man, um zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen, zuerst einen Hindernisparcours hinter sich bringen muss. Dass man dabei über aufgetürmte Sachbücher, mit Wasser gefüllte Putzeimer, wertvolle Möbel(!)  und Chagalls steigen muss, sollte sich eigentlich nicht von selbst verstehen. Selbstverständlich dagegen waren tägliche Teppichstolperer von sämtlichen Mitarbeitern, und Terminverwechslungen, da weder eine elektronische noch eine handschriftliche Agenda existiert. Täglich war der Alltag auch mit akkustischen Missverständnissen gespickt, bei der die Loriot- Büste über unseren Köpfen wohl gleich neue Ideen bekommen hätte. Ein totales Chaos würde man meinen, oder?   Irgendwie schon, zumal eigentlich jeder Beschäftigte in diesem Auktionshaus seinen Teil dazu beitrug. Da war einmal der Jurist, der sich ahnungslos durch den Kunsthandel schlug, der oben bereits erwähnte Chef des Hauses, dessen nicht minder chaotische Frau, ihren schnarchenden Hund, sowie ein Student, der mit Vorliebe über von ihm kontaminierte Orte sprach. Welche (und weshalb) möchte ich hier lieber nicht erwähnen.
Wobei sich eigentlich jetzt die Frage aufdrängt, was ich denn hier für eine Rolle spiele. Schliesslich wurde auch ich aus dem Grund eingestellt, weil die Arbeitgeber der Meinung waren, ich könnte gut zu ihnen passen…
Aber ich denke, dieses Thema lassen wir heute Abend ruhen. Denn, lieber Blogleser, dies ist definitiv ein zu weites Feld!

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