Eine Herbstnacht

Dunkelheit, nur erhellt durch eine kleine Kerze. Erleuchtete Fenster im Haus gegenüber, Menschen die zusammen rund um einen Tisch sitzen, Menschen auf ihren Balkonen, die Silhouetten dunkel gegen das warme Licht ihrer Wohnungen. 

Es könnte eine schöne und friedliche Nacht sein, wenn ich mich nicht so alleine fühlen würde. Alleine mit den zwanghaften Gedanken, die immer und immer wieder einen Streit abspulen. Die Worte, die Gesichtsausdrücke jedes einzelnen Moments, die unbändige Wut der anderen Person, meine eigene Ohnmacht. Erinnerungen an die letzte Nacht, als ich nach ein paar Stunden schwer erkämpften Schlafes schweissgebadet aufwachte, und mein Gehirn sofort wieder mit Denken anfing. Krampfhaft suche ich nach der Ursache dieser Endlosschleife - teilt mir mein Unterbewusstsein mit, dass ich falsch lag? Dass ich die Person schlecht behandelt habe? Ich schäme mich dafür, Konflikte mit anderen Menschen zu haben. Ich sollte immer freundlich und nett sein. Woher kommt dieser Drang, Widerstand zu leisten? Es ist nicht zum ersten Mal so. 

Vielleicht bin ich an einem Ort, der mich zu sehr einengt. Vielleicht bin ich an einem Ort, wo meine Grenzen nicht gesehen werden. Eine leise Erkenntnis schleicht sich in mein Bewusstsein, dass ich gehen sollte. Gleichzeitig macht mich der Gedanke traurig, den Ort zu verlassen. Ich habe all die Jahre darauf vertraut, dass mich mein roter Faden zur richtigen Stelle führt. Der rote Faden, den ich an einem zerstörten Ort gefunden habe, der mich auf eine Art gepackt hatte, wie das noch nie zuvor geschehen war. Ich weiss nicht, ob ich jemals glücklich werden kann, wenn ich an diesem Faden nicht festhalten kann. Ihn aufzugeben ist mit so viel Trauer verbunden. Trotzdem merke ich, dass ich gescheitert bin, dass etwas in mir es einfach nicht kann. So viel Lebensfreude ist in den letzten Monaten verschwunden, so oft sitze ich traurig und enttäuscht in meiner dunklen Wohnung. 

So wie heute Abend. Ich schaue zu den Menschen gegenüber und wünschte, ihr Leben wäre meines.