Ecken und Kreuzungen

Masochismus leitet die Finger, die Quittung dafür erhalten Augen und Herz. Unglaublich wie schmerzhaft Glück sein kann. Dabei wird dieser Schmerz nicht einmal von Neid verursacht. Nie war das eigene Glück von dauerhafterem und nachhaltigerem Bestand. Trotzdem gibt es einen steten Begleiter. Eigentlich ist er kein Bestandteil des Lebens, es wäre so leicht ihn aufzugeben. Vielleicht ist es in Wahrheit bloss Gewohnheit. Denn was bleibt übrig wenn man den Bestandteil analysiert? Vage Vermutungen, viele Unsicherheiten, undefinierbare Ängste, viel zum-falschen-Zeitpunkt-am-falschen-Ort-sein. Projektionsflächen. Die Verkörperung geheimster Träume. Deshalb ist es wohl so schwierig loszukommen. Denn man müsste ja den Ort verlassen, an dem man sich alles wünschen und vorstellen kann. Es wäre wie ein Stück Freiheit aufzugeben. Eine Ecke des Denkens schliessen, die sich über die Realität hinaus erhebt. Wie traurig wäre das. Denn ist es nicht genau diese Ecke, die uns Hoffnung gibt, die uns an schöne Orte hinversetzt wenn der Alltag grade zu trist erscheint. Aber wenn diese Ecke unseres Denkens zu wichtig wird, gibt es keinen Fortschritt. Keinen Raum, der uns die Realität als Alternative erscheinen lässt. Denn das kann sie durchaus sein - mit einer anderen Einstellung und einer aufmerksameren Sichtweise. Das ist wohl die Ecke, die am anderen Ende unseres Denkens liegt. Man kann sich immer nur in der einen aufhalten, nie in beiden gleichzeitig. Man muss sich entscheiden - doch wie fällt man diese Entscheidung? Beide Möglichkeiten bieten ihre Reize - das letzte Wort spricht wahrscheinlich der Verstand. Was sagt er? „Nie bin ich höher geflogen, nie bin ich tiefer gefallen. Irgendetwas ist da. Irgendwann werden sich die Wege wieder kreuzen.“ Aber kann man ihm trauen? Oder ist es insgeheim die Hoffnung, die da spricht? Oder gar der verräterische Teil, der doch an Schicksal glaubt?

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