Herzensfreundin

Es ist frühmorgens, das weiche Licht der Stehlampe dringt nicht ganz in unsere Ecke vor. Verdeckt vom Weihnachtsbaum sitze ich neben dir. Gestern feierten die Menschen einen freudigen Beginn. Ich höre dich leise atmen. Alles ist genauso wie immer. Vor meinem inneren Auge gleiten Erinnerungen vorbei. Wie ich dich das erste Mal getroffen habe und du deine Schnauze in meine Kniekehle gesteckt hast. Wie du nachts vor dem Gewitter geflüchtet und erst eingeschlafen bist als ich im Schlafsack neben dir lag. Wie du durch den Schnee hüpfst und mit einem Tennisball im Mund über den Tennisplatz fegst. Wie du mit mir Zug fährst und wie ich dich stundenlang in den Nachbargärten gesucht habe als du wieder einmal entwischt bist. Ich lasse meine Hand über deinen Kopf und deinen Rücken gleiten. Über dein weiches Haarkleid. Du scheinst mich erst gar nicht wahrzunehmen, dann wirkst du fast ein bisschen genervt. Warum betütteln dich alle so in letzter Zeit?
Bald schon wirst du für immer gegangen sein. Bald schon werden wir zu unterschiedlichen Bahnhöfen aufbrechen und unsere Reisen antreten. Ab heute werden wir beide unser gewohntes Terrain verlassen. In Gedanken sage ich dir Dinge die du in irgendeiner Form hoffentlich verstehen wirst. Wie schön es mit dir war. Wie sehr ich dich mag. Und wie sehr dass ich mir wünsche, dass du auch so empfindest. Unvermittelt kullern mir Tränen die Wangen hinunter, tropfen auf meinen Pullover. Oft habe ich mir diesen Abschied vorgestellt, nun weiss ich nicht wann ich gehen soll. Ich weiss nicht was unsere letzte Geste sein soll. Alles scheint falsch. Ich gehe so wie ich immer ging, du bleibst im Raum zurück wie du es immer getan hast. Heute war es zum letzten Mal so. Heute ist das Ende. 

Kommentare